Erfahrungsberichte und Praxistipps des Anwendungspartners
Welche Herausforderungen stellten sich den drei am Projekt KIproWork beteiligten Abteilungen – Personal, Einkauf und Vertrieb – des Anwendungspartners Eisenwerk Würth zu Beginn des Projekts?
Welche Erfahrungen und zentralen Erkenntnisse, auch mit Blick auf Besonderheiten der einzelnen Abteilungen, konnten durch die Projektarbeit erlangt werden?
Erhalten Sie hier einen Einblick in die Ausgangslage der Projekt-Use Cases und erfahren Sie, welche lessons learned die Mitarbeiterinnen daraus mitnehmen konnten. Für KMU, die ebenfalls den Einsatz eines KI-basierten Wissensmanagementsystems planen, lassen sich wertvolle Tipps und Empfehlungen ableiten.
Personalabteilung
In der Personalabteilung des Anwendungspartners Eisenwerk Würth war die Verfügbarkeit nur einer Personalreferentin die zentrale Herausforderung. Wie in vielen KMU ist keine zweite Person oder Stellvertretung vorhanden, mit der das Wissen um Personalprozesse geteilt werden könnte. Die Problemlage wurde nochmals sehr deutlich, als es während der Projektlaufzeit zum Personalwechsel kam. Obgleich die Personalreferentin einige Prozesse mit der Software FlowShare dokumentiert hatte, war der Zugriff auf diese Dateien nicht gegeben und eine Einschätzung, ob das aktuelle Wissen vollständig ist, konnte nicht getroffen werden. Durch die Herausforderungen, die sich bei der erschwerten Übergabe bei der Einarbeitung der neuen Mitarbeiterin auftaten, verschärfte sich zudem die in der Personalabteilung ohnehin relevante Zeitknappheit. Der Personalwechsel hat demnach nochmals die besondere Notwendigkeit einer reibungslosen Übergabe verdeutlicht. Es zeigt sich, dass ein festgelegter, sicherer und bekannter Speicherort mit entsprechenden Zugriffsberechtigungen eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, das vorhandene Wissen für Nachfolger auffindbar und nutzbar zu machen.
Eine Besonderheit in der Personalabteilung ist die außerordentliche Relevanz des Themas Datenschutz. Da dieser bei der Dokumentation der Prozesse in der Personalabteilung besonders beachtet werden muss, ist der Arbeitsaufwand hier besonders hoch. Zudem gibt es bei einigen Prozessen mehrere Möglichkeiten und Varianten diese auszuführen, wie z.B. für die Neuanlage von Mitarbeitenden. All diese Möglichkeiten zu erfassen, ist sehr zeitintensiv und führt zu weiterem Mehraufwand. Insgesamt ging der Arbeitsaufwand für die Dokumentation somit deutlich über das erwartete Maß hinaus. Zeitressourcen für die Dokumentation sollten daher verbindlich geplant werden. Die Vorgesetzten sollten außerdem unterstützen und prüfen, dass die Aufgabe des Dokumentierens übernommen wird.
Bezüglich der Dokumentationen ist es aus Sicht der Personalreferentin entscheidend, diese auf Vollständigkeit, Korrektheit und Verständlichkeit prüfen zu lassen. Mit nur einer verfügbaren Personalreferentin stellt sich dies jedoch als herausfordernd dar. Auch die Priorisierung der Reihenfolge der zu erstellenden Dokumentationen sollte beachtet werden. Für dieses Unterfangen kann das Tool zur Priorisierung kritischer Prozesse herangezogen werden.
Einkauf
Der Einkauf beim Anwendungspartner Eisenwerk Würth obliegt, ebenso wie die Aufgaben der Personalabteilung, lediglich einer Person. Die Mitarbeiterin aus dem Einkauf ist zusätzlich für das Qualitätsmanagement zuständig. Durch den Personalengpass ergibt sich auch hier eine Knappheit der Ressource Zeit. Diese führt dazu, dass die Dokumentation des Wissens, welche gegenüber dem operativen Tagesgeschäft nicht vorderste Priorität besitzt, nicht in gewünschtem Maße vollzogen werden kann. Dennoch wird das Dokumentieren des vorhandenen Wissens als sehr wichtig eingeschätzt. Für die Unternehmen ist es von Bedeutung, ein Bewusstsein hierfür zu schaffen. Ist die Relevanz der Wissensspeicherung bekannt, besteht womöglich eine größere Bereitschaft zur festen und verbindlichen Einplanung der benötigten Zeit für die Dokumentation. Der Einkauf betrachtet das feste Einplanen der notwendigen Zeiten als zentral. Werden die Dokumentationen erstellt, so ergeben sich tatsächliche Vorteile, wie die Entlastung der entsprechenden Mitarbeitenden. Beispielsweise können zwar einfache, aber zeitaufwändige Arbeitsabläufe wie die Lieferantenbeurteilung durch das Vorliegen einer Dokumentation delegiert werden. Des Weiteren sind im Qualitätsmanagement Dokumentationsnachweise wichtig, was sich ebenfalls dadurch abdecken lässt.
Das Etablieren einer Dokumentationskultur kann aus Sicht der Mitarbeiterin im Einkauf dadurch geschaffen werden, dass Zeitressourcen verbindlich eingeplant und möglichst viele betroffene Personen beteiligt werden. So könnten neue Mitarbeitende von Beginn an in den Dokumentationsprozess einbezogen werden und freie Kapazitäten von Auszubildenden genutzt werden, um Dokumentationsentwürfe zu erstellen. So lässt sich das Wissen streuen. Eine weniger zeitaufwändige Anpassung einer Dokumentation, mit dem Ziel die Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen, kann zu einem späteren Zeitpunkt dennoch erfolgen. Einheitliche Standards und Speicherorte sollten festgelegt werden, die Audit- und ISO9001 konform sind.
Vertrieb
Im Vertrieb des Unternehmens besteht, wie auch in den anderen beiden Abteilungen, erheblicher Zeitmangel, der zu einem Ausbleiben hilfreicher Dokumentationen führt. Auch hier liegt die Priorität auf der Bewältigung des operativen Tagesgeschäfts, während zusätzliche Aufgaben in den Hintergrund treten. Verbindliche Zeiten für die Dokumentation sind demnach auch im Vertrieb notwendig. Zusätzlich zur Dokumentation eines Prozesses, muss dieser auch kontinuierlich aktuell gehalten werden, wofür es weiterer zeitlicher Ressourcen bedarf. Die knapp bemessene Zeit führte ebenfalls dazu, dass eine angedachte Schulung der Kolleginnen und Kollegen, mit dem Ziel den gleichen Wissenstand zu erreichen, nicht möglich war, was wiederum die Bedeutung der Dokumentationen unterstreicht.
Um eine hilfreiche Dokumentation erstellen zu können, müssen zuerst einige Bedingungen erfüllt werden. Die Priorisierung der zu dokumentierenden Prozesse sowie das Festlegen der passenden Person mit dem entsprechenden Wissen sind dabei grundlegende Voraussetzungen. Diese Schritte können mit Hilfe des Tools zur Identifikation von Schlüsselpersonen und dem Tool zur Priorisierung kritischer Prozesse vorgenommen werden. Das Wissen bei den Kollegen fällt zum Teil sehr unterschiedlich aus, weshalb es ratsam sein kann, die Dokumentationen auf verschiedene Personen mit verschiedenen Wissensschwerpunkten zu verteilen.
Neben dem zeitlichen Engpass gibt es weitere Hindernisse für die Etablierung einer Wissensdokumentationskultur. So bestehen in KMU häufig feste Muster und Verhaltensweisen, wie z.B. das Nutzen kurzer Wege, beispielsweise das Fragen über den Tisch. Durch diese Muster bleibt die Nutzung der Dokumentationen hinter den Erwartungen zurück. Hier wird Bedarf erkannt, ein grundlegendes Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Dokumentation kritischen Wissens das selbstständige Arbeiten fördern und erleichtern kann und soll, sodass der Wille zur Beteiligung an der Wissenssicherung gefördert wird.
Zeitressourcen für die Dokumentation und Projektarbeit sollten verbindlich eingeplant werden. Eine störungsfreie Arbeitsumgebung, ohne Ablenkungen durch Telefon, E-Mails oder spontane Kundenbesuche sind dabei notwendig. Die Einheitlichkeit von Speicherorten und strukturierten Vorgaben und Standards wird hier ebenfalls betont.
Es zeichnet sich ab, dass in den drei Abteilungen einige individuelle Besonderheiten vorherrschen, es jedoch auch zentrale Aspekte gibt, die alle Abteilungen gleichermaßen beschäftigen. Dazu zählt die Wichtigkeit des Festlegens verbindlicher Zeiten für die Dokumentation, sodass diese auch tatsächlich vorgenommen und nicht aufgrund des dringlicheren Tagesgeschäftes auf unbestimmte Zeit vergeschoben wird. Einheitliche Speicherorte und Standards werden ebenfalls von den Mitarbeiterinnen aller Abteilungen als eine zentrale Anforderung genannt.